Als Perry Rhodan 1971 zum Mond aufbrach, lag die "Industrielle Revolution" auf
der Erde gerade einmal 200 Jahre zurück. Flugzeuge gab es erst seit rund 70 Jahren, der
erste bemannte Raumflug fand vor zehn Jahren statt, die Computertechnik steckte noch in
den primitivsten Anfängen und die "Atomtriebwerke" der STARDUST waren
strenggenommen nichts anderes als nuklear betriebene Durchlauferhitzer. Auf dem Mond
begegnete Perry Rhodan - und damit die irdischeMenschheit - einer alten Zivilisation, die
mehrere zehntausend Jahre Erfahrung mit einer Technik hatte, die die kühnsten irdischen
Träume übertraf. Was immer sich irdische Visionäre an künftiger Technik ausgemalt
hatten - interstellarer Raumflug, intelligente Maschinen, Antigravitation, Kraftwerke im
Zigarrenkästchenformat und vieles mehr - für die Arkoniden waren das schon "alte
Hüte" als auf der Erde Steinwerkzeuge noch Stand der Technik waren.
Die Begegnung war ein Zivilisationsschock ersten Ranges. Um diesen Schock so sanft wie
möglich zu halten, hätten Rhodan und seine Nachfolger die arkonidische Technik
"tröpfchenweise", ganz allmählich über Jahrhunderte hinweg, einführen
können. Nicht wenige Menschen wären sogar dafür gewesen, die Arkoniden und ihre Technik
völlig zu ignorieren und einfach alles beim alten zu lassen. Allerdings zerschlugen sich
diese Möglichkeiten - an die der fortschrittsgläubige Idealist Perry Rhodan ohnehin nie
gedacht haben dürfte - schon bald. Nachdem der arkonidische Forschungskreuzer durch eine
Verkettung unglücklicher Umstände von irdischen Kampfraketen zerstört worden war, trat
ein automatischer Notsender in Funktion. Die Notsignale lockten prompt eine reiche Auswahl
an potentiellen Plünderern an - Fantan-Leute, Individualverformer, Topsider, Springer.
Hinzu kam ab den frühen 1980er Jahren die Bedrohung durch den arkonidischen
Robotregenten. Die Erde hatte keine Wahl: Sie mußte innerhalb kürzester Zeit eine
respektable Raummacht aufbauen, wenn sie nicht kurz über lang als Kolonialplanet von
außerirdischen Mächten ausgeplündert werden wollte.
Der schnellste Weg, die Erde "raumtüchtig" zu machen, wäre die Anwendung von
Zwang gewesen. Ganze Bevölkerungen wären hypnogeschult worden. Die vorhandene Industrie
wäre stillgelegt und durch völlig neue Anlagen nach arkonidischem Muster ersetzt worden,
auch wenn in der Übergangszeit Versorgungsengpässe unvermeidlich gewesen wären. Der
Widerstand gegen diese "Umgestaltung" wäre wahrscheinlich so heftig geworden,
daß er nur mit Gewalt hätte gebrochen werden können. Der Kulturschock wäre jedenfalls
gewaltig gewesen und hätte möglicherweise auf längere Sicht den kulturellen Tod der
Erde bedeutet.
Ein anderer Weg wäre der "Aufbau der Raumfahrtindustrie in einem Land" gewesen
- und tatsächlich schlug die von Perry Rhodan gegründete "Dritte Macht" diesen
Weg zeitweilig ein. Die Terraner konnten sich langsam an die neue Situation gewöhnen.
Nach dem Schock der im wesentlichen auf die Begegnung mit Außerirdischen unvorbereiteten
Menschheit blieb ihr eine schnelle technische Revolution von "oben" erst einmal
erspart. Der größte Teil der Erde blieb in der Tat - bis auf die Invasion der Springer -
zwischen 1972 und 1984 von den Aktivitäten der "Dritten Macht" und ihrer
außerirdischen Gegner verschont. Dieser Weg eignete sich außerdem gut, um schnell eine
gewisse industrielle Basis und den Kern einer Raumflotte aufzubauen.
Allerdings zeigte sich schon bald, daß die Ressourcen eines Kleinstaates kaum
ausreichten, um auch nur eine bescheidene Raumverteidigung zu schaffen. Hier nun wurde
Homer G. Adams "General Cosmic Company" aktiv: Sie veräußerte arkonidische
Technik an irdische Hochtechnologie-Unternehmen, was gleich einen dreifachen Nutzen für
die "Dritte Macht" abwarf. Die GCC beschaffte auf diese Weise das für den
Aufbau der eigenen Industrie nötige Kapital, sie erwarb sozusagen als Nebeneffekt
Mehrheitsbeteiligungen an verschiedenen Großunternehmen, wodurch sie eine
Wirtschaftsmacht ersten Ranges wurde, und sie sorgte dafür, daß die irdische Industrie
innerhalb kurzer Zeit gründlich und ohne Zwang modernisiert wurde. Zwar vorerst ohne
"5-D" Technik wie Sprungtriebwerke oder Hyperfunk, aber immerhin ein Sprung
über einige Jahrtausende technischer Entwicklung.
Früher oder später hätte dieser Weg die Erde ebenfalls geeint - nur wäre er
wahrscheinlich zu langsam gewesen. Um ein Haar wäre eine noch ungünstigere Möglichkeit
Wirklichkeit geworden, wenn Rhodan bei der Suche nach dem "Planeten des Ewigen
Lebens" umgekommen wäre. Sein Stellvertreter Michael Freyt, dessen Eigeninitiative
aus (übertriebenen?) Sicherheitsüberlegungen durch eine Hypnoblockade eingeschränkt
war, hätte den eingeschlagenen Weg stur fortgesetzt. Eine auf relativ bescheidenem
technischen Niveau stehende und politisch auf Freyts starres Programm festgelegte,
psychologisch auf Außerirdische kaum vorbereitete Erde wäre die Folge gewesen!
Es blieb letztlich auf längere Sicht keine andere Wahl, als die ganze Menschheit an den
Segnungen arkonidischer "Supertechnik" teilhaben zu lassen.
Die Zeit der "geeinten Erde" und die Frühzeit des Solaren Imperiums - also die
Epoche zwischen der vorgetäuschten "Vernichtung" der Erde 1984 und dem
"Fall Kolumbus" 2044, als sich die Position der Erde nicht länger vor dem
arkonidischen Robotregenten geheimhalten ließ - war in jeder Hinsicht eine Zeit des
Übergangs.
Für diese Epoche - im Grunde genommen auch noch für die Jahrzehnte danach - ist eine
"gemischte" terranisch/arkonidische Technik typisch. Dafür gab es mehrere
Gründe. Der wichtigste war der schon angesprochene wirtschaftspolitische Aspekt. Die
ganze irdische Industrie auf einen Schlag völlig neu aufzubauen, wäre ein nicht zu
bewältigender Kraftakt gewesen. Auch aus psychologischen und soziologischen Gründen
erschien ein "schonender" Übergang zur neuen Technik vorteilhaft, was dadurch
erleichtert wurde, daß für viele Anwendungen "irdische" Technik auch im
"kosmischen Zeitalter" durchaus ausreichte. Es gab sogar Gebiete, z. B. bei der
Erschließung von Kolonialplaneten, in denen "einfache, solide Erdtechnik" der
manchmal "überzüchteten" arkonidischen Technik vorzuziehen war.
Ein anderer wichtiger Grund war die Geheimhaltung: Aus Sicherheitsgründen durften bis
2044 weder interstellare Raumschiffe noch Hyperfunkgeräte in die Hände letztlich
unkontrollierbarer Privatleute geraten. Außerdem wurden in dieser Phase alle Mittel
vorrangig für die fieberhaft aufgebaute Raumflotte benötigt - für den Aufbau einer
"Luxusindustrie", die z. B. private Fluggleiter herstellte, standen vorerst kaum
Mittel zur Verfügung.
Die technische Entwicklung kann nicht von der politischen getrennt gesehen werden. Werfen
wir also einen Blick auf das Solare Imperium etwa zehn Jahre nach seiner Gründung, also
um das Jahr 2000.
Es war nach wie vor ein "Imperium in der Gründungsphase", in vielen Bereichen
noch mehr "Staatenbund" als "Bundesstaat". Es gab zwar schon eine
"Solare Verfassung", mit einem direkt gewählten Solaren Parlament und einem
ebenfalls direkt gewähltem Präsidenten ("Erster Administrator") - aber die
davon unabhängige "Erdregierung" mit eigenem Kabinett, die sich um das
Tagesgeschäft der "Weltinnenpolitik" kümmern sollte, war noch weit davon
entfernt, eine schlagkräftige Exekutive zu sein.
Es gab eine enge wirtschaftliche Kooperation der Bundesstaaten, die Globalisierung der
Wirtschaft war weitgehend vollzogen, und es gab eine gemeinsame Währung, den
"Solar", der seit 1990 schrittweise eingeführt wurde. Manchmal unter
"sanftem Zwang" verzichteten die terranischen Staaten auf eigene Streitkräfte,
die verglichen mit der Solaren Flotte ohnehin etwa so wirksam wie Bogenschützen gegen
eine Panzerarmee gewesen wären. Allerdings hatten die ca. 200 Bundesstaaten noch ein sehr
hohes Maß an Souveränität. Die gesellschaftlichen Verhältnisse unterschieden sich zum
Teil drastisch. Es war nicht einfach gewesen, überall auch nur halbwegs demokratische
Regierungen einzuführen und strenge Mindeststandards bei Menschenrechten und im
Umweltschutz durchzusetzen. Die "terranische Gesetzgebung" steckte noch in den
Kinderschuhen.
Der "arkonidischen Supertechnik" kam bei der trotzdem recht schnellen Einigung
der Erde eine Schlüsselrolle zu. Kein Staat, keine soziale Gruppe, kein Unternehmen
wollte auf diese Technik verzichten. ("Erst kamen die kleinen und die schwarzen
Schafe und später fanden sich auch die großen ein, um beim Weihnachtsfest auch ein paar
Geschenke ergattern zu können." Julian Tifflor)
Da Rhodan auf regionale Besonderheiten und "nationale Identitäten" geschickt
Rücksicht nahm, gab es nur wenig ernsthaften Widerstand gegen die Einigung. Allerdings
darf man die im Hintergrund stehende Bedrohung von außen, die gewaltige militärische
Überlegenheit der Solaren Flotte und die enorme wirtschaftliche Macht der GCC, die sich
dank politischer Rückendeckung über alle Kartellgesetze hinwegsetzen konnte, dabei nicht
außer acht lassen.
Die interstellare Raumfahrt wurde in der Anfangsphase ausschließlich mit Raumschiffen nach arkonidischem und springerischem Muster bewältigt. Es gab nur wenige, vorerst kleine, extrasolare Kolonien, die aus Sicherheitsgründen möglichst weiträumig verteilt waren. Sie waren von Anfang an relativ selbstständig, um den Flugverkehr möglichst gering zu halten. Daneben gab es ein Netz aus militärischen Stützpunkten, eine größere Handelsniederlassung im Wega-System und mehrere kleine Handelsstützpunkte. Der interstellare Handelsverkehr wurde aus Sicherheitsgründen ausschließlich von einer staatlichen Raumreederei betrieben, die de facto der Solaren Flotte unterstellt war. Erst nach dem "Fall Kolumbus" 2044 wurde private interstellare Raumfahrt zugelassen. Die interstellare Handelsflotte war deshalb noch sehr klein, die Solare Kriegsflotte war größer, allerdings selbst gegen Mitte des 21. Jahrhunderts mit einigen tausend Schiffen im galaktischen Maßstab drittrangig. Ab 2036 wurden die ersten reinen Forschungsschiffe der lange Zeit im Solaren Parlament umstrittenen Explorerflotte gebaut.
Bei der unterlichtschnellen interplanetarischen Raumfahrt lagen die Dinge anders.
Nachdem die Impulstriebwerke und die Inerter-Technik, die Andruckabsorber und Antigrav
ermöglichte, zur Verfügung standen, entwickelte sich die interplanetarische Raumfahrt
seit den 1970er Jahren explosionsartig. Schon 1979 konnte der damalige Ostblock zwei
primitive interplanetarische Flotten für die Invasion der Venus einsetzen. Die meisten
interplanetarischen Raumschiffe waren terranische Neukonstruktionen, wenn auch oft nach
arkonidischem Gundmuster.
Um die Jahrtausendwende wuchs die interplanetarische Handelsflotte dramatisch an - auch
die private. Der Bedarf war allerdings gewaltig, denn es gab um 2000 schon umfangreiche
Siedlungen auf dem Mond, die Terraforming-Projekte auf Mars und Venus mit ersten
Siedlungen schritten voran, und auf allen solaren Planeten und den wichtigsten Monden
existierten ständig bemannte Stützpunkte. Der Asteroidenbergbau lief an und es gab
zahlreiche Raumstationen bis zur Größe einer Kleinstadt.
Mit dem Eintritt in das "kosmische Zeitalter" endete die Zeit des
unbekümmerten, auf kurzfristige Profitinteressen angelegten Raubbaus an den natürlichen
Ressourcen der Erde. Schon recht bald nach der Einigung der Erde ging die Verwendung
fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl usw.) stark zurück. Vermutlich war das die Folge
des Denkens in langen Zeiträumen, das nun in die Politik Einzug gehalten hatte - man
dachte über den nächsten Wahltermin und die nächste Jahresbilanz heraus. Die begrenzten
Kohle, Öl und Erdgasvorräte der Erde waren als Rohstoffe für die wegen der
"kosmischen Expansion" rasant expandierende chemische Industrie vorerst nicht zu
ersetzen und somit "zu schade zum Verbrennen". Das langfristige Denken schuf -
wie der "einheitliche Wirtschaftraum Sonnensystem", der ein
"Öko-Dumping" nicht mehr zuließ - gute Vorraussetzungen für eine ökologisch
orientierte Politik. (Zyniker meinten, die meisten terranische Politiker und
Wirtschaftführer kümmerten sich deshalb nicht um das Elend, das sie künftigen
Generationen hinterließen, da sie es nicht selber miterleben würden. Das sei bei Perry
Rhodan nicht der Fall.)
Die CO2-Emissionen, die beim Verbrennen weiterer fossiler
Brennstoffe freigesetzt würden, hätten durch den zusätzlichen Treibhauseffekt eine
starke Erwärmung der Erde zur Folge gehabt. Weltökonomisch gesehen hätte der Aufwand,
den Klimakatastrophen hervorriefen (abgesehen von dem "ökonomisch irrelevanten"
menschlichen Leid) bei weitem die Profite der "Klimagewinnler" überstiegen.
Solche Überlegungen konnten sich in einer "Weltökonomie", bei der nicht nur
die Märkte der transnationalen Unternehmen globalisiert waren, leicht durchsetzen.
Die primitiven Kernspaltungsreaktoren des 20. Jahrhunderts wurden wegen ihrer
Sicherheitsrisiken und der enormen Mengen hochradioaktiver langlebiger Isotope, die sie
als "Atommüll" produzierten, stillgelegt. Fusionskraftwerke arkonidischer und
auch ferronischer Bauart hatten diese Nachteile nicht und verwendeten mit Deuterium
(schwerem Wasserstoff) einen in den Meeren der Erde reichlich vorkommenden
"Brennstoff". Dennoch wurde der Einsatz regenerativer Energie, vor allem der
Sonnenenergie, massiv gefördert. Man wollte, durch schlechte Erfahrungen klug geworden,
nicht alles auf eine Karte setzten und dadurch verwundbar werden. Der Bau eines
Fusionskraftwerks war außerdem vergleichsweise teuer, so daß z. B. Solarkraftwerke, die
um 2020 einen elektrischen Wirkungsgrad von über 25 % erreichten, durchaus
konkurrenzfähig waren. Hinzu kommt, daß die regenerative Energiegewinnung eines der
wenigen Gebiete war, auf denen die irdische Technik nicht hoffnungslos hinter der
arkonidischen herhinkte. Es war also auch psychologisch klug, die Energiegewinnung aus
"Sonne, Wind und Wasser" zu fördern.
Für den terranischen Normalbürger war die "gemischte" Technik im Verkehr am
auffälligsten. Der interkontinentale Flugverkehr wurde durch die suborbitalen
Hyperschallflugzeuge ("Stratosphärenklipper) mit Thermopuls- und Impulstriebwerken
revolutioniert. Diese Klipper wurden von etablierten Flugzeugherstellern wie Boeing, Asian
Aerospace oder Airbus Industries, die allerdings kapitaltechnisch gesehen alle längst
Tochterunternehmen der GCC waren, gebaut. Weniger technische Neuerungen gab es bei
Kleinflugzeugen und Helikoptern, die noch um 2040 den terranischen Luftraum dominierten -
Antigravgleiter waren noch nicht allgemein verfügbar, da die Inerter-Fertigung eine
extrem aufwendige Industrie war und außerdem fast ihre gesamte Produktion für die
Raumfahrt benötigt wurde. Energiespeicherzellen und Mikro-Fusionsreaktoren ließen sich
einfacher herstellen, so daß Gasturbinen und Kolbenmotoren langsam aber sicher aus der
Luftfahrt verschwanden. Computergesteuerte Verkehrsleitsysteme und
"intelligente" Autopiloten, die einen sicheren unbemannten Flug ermöglichten,
begünstigten einen dichten Flugverkehr. Es gab z. B. um 2040 in vielen Großstädten
"Robot-Helikoptertaxis".
Eine kuriose Mixtur gab es im Eisenbahnverkehr. Viele transkontinentale Strecken waren
auch im 21. Jahrhundert wegen der hohen Kosten noch nicht elektrifiziert. Hier boten "Atomzüge" eine preisgünstige Alternative: An konventionelle E-Loks wurden
"Umformertender" angekoppelt, in denen Mikrofusionsreaktoren den Fahrstrom
erzeugten.
Bodengebundene Fahrzeuge - sogenannte Autos - fuhren ab der Jahrtausendwende fast
ausschließlich mit Elektromotoren terranischer Bauart und waren auch sonst technisch
gesehen fast rein terranisch. Die einzige Ausnahme waren die Energiespeicherbänke nach
arkonidischem Muster, die dem Elektroantrieb enorme Vorteile gegenüber allen
Verbrennungsmotoren verschaffte. Die E-Speicherbank eines Personenwagens war nicht
größer als die bei Verbrennungsmotoren übliche "Autobatterie". Elektromotoren
kamen mit einfacheren und damit kleineren Getrieben als Verbrennungsmotoren aus, einmal
Aufladen reichte für rund 10.000 km bei voller Motorenleistung, und da der Ladestrom in
der Regel "von der Sonne" kam, waren E-Autos außerdem noch erheblich
umweltfreundlicher. Zur Verwunderung vieler Ökonomen starb die "Tankstelle"
keineswegs aus - für die meisten dieser straßennahen Einzelhandelsgeschäfte war der
Kraftstoffverkauf ohnehin nur noch ein wenig rentables Nebengeschäft.
Am schnellsten und gründlichsten veränderte sich um die Jahrtausendwende der Sektor
"Kommunikation" und die damit eng verflochtene Computerindustrie.
Erstaunlicherweise hatten Positroniken nach arkonidischem Muster dabei lange Zeit nur eine
untergeordnete Rolle. Für die Fertigung von Positronik-Chips galt im Prinzip dasselbe wie
für die Inerter-Industrie: sie war aufwendig, teuer - und die meisten Chips gingen an die
Raumflotte. Positroniken wurden deshalb lange Zeit nur im "High End"-Bereich
eingesetzt, während die "Computer für jedermann", die sogenannten Personal
Computer (PCs) bis ca. 2020 ausschließlich mit elektronische Prozessoren und
Speicherchips arbeiteten. Unter Industriehistorikern ist dabei umstritten, ob die
Positronik die Entwicklung der elektronischen Computer eher behinderte oder - durch
anspornendes "Vorbild" - eher förderte. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die
Leistungsfähigkeit eines "normalen" Computers des Jahres 2000 auch ohne die
Begegnung mit den Arkoniden den selben hohen Stand gehabt hätte. Selbst das
"Internet" genannte allgemeine sonnensystemweite Computernetz hätte es
wahrscheinlich auch ohne die "positronische Revolution" gegeben.
Kein Zweifel besteht dagegen daran, daß die Kommunikationsnetzwerke von der schnellen
politischen Einigung der Erde und der "neuen" Technik profitierten. Dank der
arkonidischen Raumfahrttechnik spielten Startkosten für Satelliten kaum noch eine Rolle,
und arkonidisches "Know How" auf dem Gebiet der Laseroptik verbesserte die
vorhandene Glasfasertechnik drastisch. Seit den 1980er Jahren gab ein weltweites digitales
Breitbandnetz. Multifunktionelle Telekommunikationsgeräte, kurz "Telekoms"
genannt, die die Funktion herkömmlicher Bildtelefone, Computerterminals, Faxgeräte usw.
vereinten, lösten die primitiven Telefone innerhalb weniger Jahre ab. Ein
Mobiltelekomnetz, das ab ca. 1990 die gesamte Erdoberfläche lückenlos abdeckte, führte
schnell dazu, das Armbandtelekoms bald so verbreitet waren wie zuvor Armbanduhren. Die
Kommunikationskosten fielen drastisch: Telekom- und Internetnutzung waren ab ca. 2000
faktisch gratis.
Arkonidisches "Know How" verhalf dem bald nur noch "Trivideo"
genannten 3-D-Fernsehen zum Durchbruch. Holographische Speicherkristalle, die der
arkonidischen Norm auch in der Qualität voll entsprachen, wurden von terranischen
Fabriken ab Mitte der 1990er Jahre in großer Stückzahlen produziert. Sie lösten
herkömmliche Datenträger wie Disketten und magnetischen Festplatten bald ab und
ersetzten in der Unterhaltungselektronik die damals gebräuchlichen Compact-Disks und
Videobänder.
Auch in anderen Bereichen der Hochtechnologie, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, vor allem in der chemischen Industrie und der Biotechnologie, verschmolzen terranische und arkonidische Technik erstaunlich schnell und reibungslos. Es darf jedoch nicht verschwiegen werden, daß die Technologiepolitik des 21. Jahrhunderts auch ihre fragwürdigen Seiten hatte. Ein drastisches Beispiel ist die Gentechnik, die damals - tatsächlichen oder vermeindlichen "Sachzwängen" gehorchend - ethische Grenzen, die im späten 20. Jahrhundert als unumstößlich galten, überschritt. Um auch Planeten mit für "normale" Menschen unverträglichen Lebensbedingungen besiedeln zu können, schreckte man selbst vor Eingriffen in das menschliche Erbgut nicht zurück und schuf Umweltangepaßte wie die Epsaler.
*
Im Nachhinein läßt sich feststellen, daß es sich bewährt hat, daß Rhodan auf den schnellen, gewaltsamen Weg einer Indoktrinierung nach arkonidischen Vorbild verzichtete. Die vergleichsweise lange Übergangzeit war sicherlich ein Risiko angesichts der drohenden Gefahr. Aber diese Zeit des "Versteckspiels" erlaubte es den Terranern, den Schock des Erstkontakts zu überwinden und sich selbstbewußt, offen und neugierig dem Kosmos zu stellen.