Neben den Sternen und ihren Begleitern ist das Weltall von interstellarer Materie durchzogen. Unterschieden wird hierbei zwischen interstellarem Gas und Staub. Während das Gas meist aus einzelnen Atomen, Molekülen, Ionen und freien Elektronen besteht, sind mit dem Begriff Staub alle festen und größeren Teilchen gemeint. Beides kommt häufig gemeinsam vor.
Handelt es sich bei der interstellaren Materie um große und dichte Ansammlungen staubförmiger Massen, wird von Dunkelwolken oder Dunkelnebeln gesprochen; kleinere Ansammlungen werden als Globulen bezeichnet. Hierbei handelt es sich um Massen, die das Licht der hinter ihnen befindlichen Sterne durch Absorption schwächen, röten oder gar ganz schlucken.
Werden Wolken dagegen von vorne oder seitlich von Sternen beschienen, führt die Lichtstreuung zu diffusen Reflexionsnebeln, und wenn interstellares Gas gar durch die Strahlung heißer Sterne zur Emission eines Linienspektrums angeregt wird, spricht man von Emissionsnebeln. Je nach der Sternenposition ist der Übergang von dunklen zu hellen Nebeln klar auszumachen.
Verdichtungen des interstellaren Mediums führen schließlich zur Entwicklung von Protosternen, aus denen dann neue Sterne geboren werden.
Bei der chemischen Zusammensetzung der interstellaren Staubpartikel spielen Silikate eine Hauptrolle. Als weitere Bestandteile sind Graphit, Metalloxide, Wassereis, aber auch festes Kohlenmonoxid und Kohlendioxid, Ammoniak und sogar polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe zu nennen.
In der weiteren Sonnenumgebung beträgt die mittlere Dichte des interstellaren Gases beispielsweise nur rund 10-24 Gramm pro Kubikzentimeter – das macht im großräumigen Mittel etwa ein bis zwei Wasserstoffatome pro Kubikzentimeter aus. Wolkenstrukturen, in denen Wasserstoff in neutraler atomarer Form vorliegt, erreichen bis zu 100 Atome pro Kubikzentimeter, und in den dichten Regionen von Molekülwolken können Dichten von einer Million und mehr Molekülen pro Kubikzentimeter erreicht werden.
Die Verteilung des interstellaren Staubes ergibt Dichten, bei denen sich in einem Würfel von hundert Metern Kantenlänge häufig nur wenige Staubkörner in der Größenordnung bis zu einem Mikrometer befinden. Bezogen auf den Gasanteil heißt das, daß auf 100 Milliarden bis eine Billion Wasserstoffatome ein interstellares Staubteilchen kommt. Dennoch können Riesenmolekülwolken Gesamtmassen von einigen Millionen Sonnenmassen beinhalten.
Während die kleinen Dunkelwolken von Globulen Durchmesser zwischen einigen Lichtmonaten bis zu wenigen Lichtjahren erreichen, erreichen die großen Dunkelnebel Ausdehnungen von hundert und mehr Lichtjahren Durchmesser.
Für die Raumfahrt sind Gas-, Staub- und Dunkelwolken – trotz des Einsatzes von hochwertigen Schutzschirmen – eher ein Alptraum, dem man besser aus dem Weg geht oder den man bestenfalls von außen betrachtet, so daß die Schönheit der jeweiligen Struktur aus der Distanz genossen werden kann. Denn selbst die nicht so dichten Strukturen entwickeln sich für ein Objekt, das sich mit hohen Prozentsätzen der Lichtgeschwindigkeit fortbewegt, zu einem massiven Widerstand, der dem gleicht, als wolle man mit dem Kopf durch eine Wand. Mehr noch: Selbst kleinste Partikel entwickeln aufgrund der hohen Relativgeschwindigkeiten eine kinetische Energie, die mitunter den Vergleich zu Megabomben keineswegs zu scheuen braucht ...
Schon vor diesem Hintergrund ist die von der SOL im Tauu-Sektor angeflogene Dunkelwolke alles andere als ein Objekt, in das Raumfahrer so ohne weiteres einzufliegen bereit sind. Daß es sich bei der Auroch-Maxo-Dunkelwolke überdies um den bei der Entstehung von ESTARTU aus dem Koridecc-Schmetterling und der Sorrmo-Sporenwolke verbliebenen Rest handelt, macht die Angelegenheit nicht einfacher. Schon aus der Ferne erweist sich die auf etwa zwanzig Lichtstunden, also knapp 22 Milliarden Kilometer, geschrumpfte Struktur als bemerkenswert – werden von ihr doch exorbitante Mengen ultrahochfrequenter Hyperstrahlung emittiert.
In der rein optischen Erscheinung erweist sich die »Dunkelwolke« von Auroch-Maxo eher als mattglimmender Reflexionsnebel, der von riesigen silbrigen Schlieren, Fäden, Filamenten und Schwaden geprägt wird, erfüllt von einem durchdringenden Lumineszenzleuchten. Hinzu kommt, daß die Ortungsverhältnisse im Inneren der Wolke keineswegs stabil sind, sondern ständig und willkürlich wechseln. Zumindest ein Teil der beobachteten Hyperstrahlung lädt hierbei nicht nur die Wolkenmaterie auf, sondern äußert sich einmal in Form variabler Schwerkraftfelder, während sich ein weiterer Teil zunächst als instabile Hyperbarie manifestiert – jenem hyperenergetischen Äquivalent, das im Standarduniversum Masse und Gravitation ergibt – und dann zu stabiler fester Masse kondensiert.
In dieses Gebilde sind nun neben der Sonne Auroch-Maxo auch deren 67 Welten eingebettet. Hierbei den 55. Planeten zu finden – und das unter dem erbarmungslosen Diktat des immer näher rückenden Termins – übertrifft wohl die Arbeit des Sisyphus um einige Größenordnungen.
Schon unter normalen Bedingungen wäre es nicht leicht, doch hier kommt noch die Bedrohung durch die ständig patrouillierenden Mundänen hinzu. Vermutlich ist es als reines Glück zu bezeichnen, daß die Beinahe-Begegnung mit jenem riesigen Objekt, in dem die SOL-Besatzung sicher zu recht einen der legendären S-Zentranten vermutet, glimpflich verläuft – zumal unter Berücksichtigung jener scheinbar als Scout vorausfliegenden kobaltblauen Walze, die fatal an das Raumschiff Cairols erinnert.
Doch dann erscheint der Bote, eine zunächst geisterhafte Erscheinung, die sich schließlich zur hominiden Gestalt verdichtet – und nur noch neun Stunden verbleiben bis zum Ablauf der Frist ...
Rainer Castor