PERRY-RHODAN-Kommentar 2155


VALENTER? VALENTER! (II)


Viele Fragen, die sich rings um die Valenter stellten, konnten mittlerweile beantwortet werden, andererseits bleiben weitere hinsichtlich des Gesamtzusammenhangs (noch) offen. Die bedingungslose Loyalität zum Reich Tradom hängt zum Beispiel mit ihrer genetischen Manipulation zusammen. Diese nutzte zwar ursprünglich vorhandene Wachstums- und Hormonschübe aus, geht aber längst über die natürliche Biologie dieses Volks hinaus und schreibt die Ausprägung der verschiedenen »Valenter-Typen« zu »Zwecken der Zivilisation« auf erschütternde Weise fest. Es handelt sich letztlich nur um eine Versklavung der ganz perfiden Art!

Weiterhin wissen wir nun, dass die extreme Lichtempfindlichkeit der Valenter-Augen ein Nebeneffekt dieser genetischen Beeinflussung ist, der niemals ausgeschaltet werden konnte. Sie müssen auf recht primitive Weise geschützt werden, weil sich Kontaktlinsen und dergleichen Mittel als ebenso unverträglich erwiesen haben wie spätere Versuche von gen- und medotechnischen Eingriffen! Dass die dunklen Brillen natürlich bis zu einem gewissen Grad als technisches Hilfs- und Kommunikationsmittel genutzt werden, da sich beispielsweise computergenerierte Bilder einblenden lassen, steht auf einem anderen Blatt.

Über die bislang nur namentlich bekannten Valenter-Typen der B’- und Arhan’Valenter lieferte Benjameen da Jacintas Bericht Aufschlussreiches. Führen wir uns Can Jumpteys Schicksal vor Augen, haben schon die meist schwach hypnotisch begabten Cy’Valenter offenbar eine gewisse »Neigung«, nach dem Tod körperlos weiterzuexistieren. Tributkastelle wie auch die Tributschmiede – womöglich aber auch andere »Gebäude«? – scheinen auf besondere Weise »präpariert« zu sein und können diese Bewusstseine aufnehmen.

Wie Ben feststellte, ist die Festung der Inquisition ebenfalls von solch »absonderlichem Leben« erfüllt, das scheinbar überall ist, in den Wänden, den Böden, den Decken. Immer wenn er sich ihm näherte, bildeten sich Tropfen in dem kalten Material, die einen Augenblick lang hinauf- oder hinabflossen, als würden die Gesetze der Schwerkraft hier nicht gelten, um dann zu erstarren und schließlich spurlos zu verschwinden, als hätten sie nie existiert.

Ben gewann den Eindruck, dass das ganze Dasein dieser »Geister« ein Traum zu sein schien, aber ein traumloser Alptraum, in dem sie sich nicht einmal in den Schlaf zurückziehen konnten, um ihm auch nur für kurze Zeit zu entfliehen. Er spürte Bewusstseinsinhalte von Valentern, allerdings schliefen und träumten sie nicht, weil ein »dunkler Schatten« über ihnen lag, der ihr Denken überdeckte und sie ein wie ein Mantel aus Dunkelheit und eisiger Kälte einhüllte ...

Ob die tradomweite Anguela-Religion hier hineinspielt, nach welcher das Auge Anguelas die höchste spirituelle Instanz und Sitz der »gottähnlichen, alles beschützenden guten Macht« namens Anguela ist, die »alles sieht und für die Lebewesen von Tradom sorgt«, muss vorläufig offen bleiben. Viele jedenfalls glauben, dass nach dem Tod die Seele in das Unendliche Nichts hinter Anguelas Auge oder von Anguela selbst eingeht. Womöglich ein fürchterlicher Irrglaube ...?

Die Arhan’Valenter stellen jedenfalls die oberste Kaste ihres Volkes, sind allerdings insofern ein Sonderfall, weil sie zwei Cy’Valenter-Bewusstseine in einem Körper vereinen, die einander ergänzen und zusammenarbeiten. Zumeist wird der Geist eines sterbenden Cy’Valenters von einem anderen, noch Lebenden »eingefangen«. Es ist ein vollständig unkontrollierter Prozess, der alle paar Jahre einmal vorkommt.

Auf Jontagu leben beispielsweise trotz achtzehn Milliarden Valentern nur ein Dutzend Arhan’Valenter. Niemand scheint sagen zu können, was den »Zulauf« eines zweiten Bewusstseins bewirkt. Gesichert ist allerdings, dass ein Arhan’Valenter bei vollständiger Integration über die Fähigkeiten zweier Cy’Valenter in einer Person verfügt und diese deshalb nicht umsonst als ganz besonders fähig gelten.

Die B’Valenter schließlich sind die Feuerleitoffiziere der AGLAZAR-Schlachtschiffe. Allein sie ertragen im Gefecht die Nähe der so genannten VAI-Kanonen – und bleiben dennoch handlungsfähig. Andererseits weisen sie schreckliche körperliche Deformierungen auf, so dass viele die Unterstützung eines Exoskeletts benötigen. Dennoch sind sie hoch angesehen, werden sie doch häufig auch als AGLAZAR-Techniker ausgebildet, denn sie halten besser als alle anderen die Nähe der AGLAZAR-Aggregate aus.

Hintergrund ist, dass sie ähnlich den Cy’Valentern über eine paranormale Fähigkeit verfügen, die jedoch nicht den hypnosuggestiven Bereich betrifft, sondern aus ihnen Quintadimtrafer macht: Mit rein geistigen Kräften können sie ähnlich wie seinerzeit der Supermutant Ribald Corello fünfdimensional orientierte Kugelfelder entstehen zu lassen. Umgeben sich die B’Valenter mit einem solchen Quintadimfeld, verschwinden sie aus dem vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum und erreichen ohne Ortsveränderung einen stationären Hyperraumaufenthalt.

Weiterhin sind sie dazu in der Lage, Hyperenergie in stabile Psi-Materie zu verwandeln sowie schon vorhandene Psi-Materie, wie sie beispielsweise im Hypermetall Yddith und vergleichbaren Stoffen eingebunden ist, und deren Emissionen gezielt zu modifizieren. Auf diese Weise werden die AGLAZAR-Aggregate gewartet und bis zu einem gewissen Grad auch gesteuert. Im Gegensatz zu den Rudimentsoldaten sind die B’Valenter jedoch nicht in der Lage, die damit verbundenen Streuemissionen abzuschirmen.

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass B’Valenter als Aussätzige gelten und ihre ganz eigene Gemeinschaft haben, mit unbekannten Regeln, in die Valenter von außerhalb niemals eindringen können – nicht zuletzt deshalb, weil sie nicht mit dem Wahrnehmungsvermögen und der Fähigkeit eines Quintadimtrafers ausgestattet sind ...

Rainer Castor