PERRY-RHODAN-Kommentar 2194


TREROK, HAYOK UND DIE »OLDTIMER« (II)


Das Erste, was Trerok nach der Wiederverstofflichung im Gegengerät des Geheimtransmitters in 1221 Metern Tiefe wahrnahm, war ein leises, aber eindringliches Summen. Ab hier vermischte sich lemurische mit querionischer Bauweise: einerseits der Sicherheitssektor, andererseits die sich in der Ferne verlierende Maschinenhalle.

Im Saalhintergrund des Sicherheitssektors drehte sich die Oldtimer-Statue als hochgradig stilisierte Figur auf einem nicht den Boden berührenden Sockel. Die Rückwand mit dem unscheinbaren Symbol eines Brunnens in einer Stahlwüste bestand aus einem grauschwarzen, an polierten Schiefer erinnerndes Material: Hier beobachtete der Zaliter das kurzfristige Aufflackern eines Phänomens, das er als Zeitbrunnen erkannte.

Mittelpunkt der dreißig mal dreißig Meter großen und 8,2 Meter hohen Halle war eine grauschwarze, zylindrische Säule von sieben Metern Durchmesser und Raumhöhe. An der Decke einer metertiefen Nische schwebte die Abtasthaube der eigentlichen Prüfungsglocke. Als Maranothar anerkannt, erhielt Trerok hier die »goldene Tätowierung« aufgeprägt.

Der Maranothar-Status war seinerzeit nur einer Hand voll Lemurern verliehen worden. Trerok erhielt ihn deshalb, weil er die Tiefetagen erreichte, ohne vorab auf vielfältige Weise seine Berechtigung nachweisen zu müssen. Als die Anlagen noch komplett gewesen waren, hatten allein Hohe Tamräte, ausgewiesen durch Alphabefehls-Armband und den lebenden Krish’un-Umhang von Darak, die Sicherheitssektion betreten können. Wer es also bis dorthin schaffte, war berechtigt ...

Der Oldtimer-Saal der Maschinenhalle entsprach in Ausmaß und Ausstattung exakt der des Singenden Bergs beim Impos-Observatorium. In langen Reihen angeordnet, beanspruchten die 8350 grau aufragenden Maschinenquader – jeder hundert Meter lang, dreißig breit und ebenso hoch – rund fünfzig Prozent der kreisrunden, achttausend Meter durchmessenden Hallengrundfläche. Von den verkapselten Aggregaten mit weitgehend unbekannter Funktion ging ein gleichförmiges Summen aus. Das verbaute Material war strukturverdichtete, feldstabilisierte Hyperenergie – eine dem Strukturon der Hathor vergleichbare Materieprojektion.

Am 17. April 1312 NGZ hatte sich Trerok auf Hayok mit Ka’Marentis Aktakul getroffen und das Querionen-Transportmittel in Gestalt der Silberkugel erhalten. Dabei handelte es sich um ein im Ruhezustand eben mal faustgroßes, an einen Quecksilbertropfen erinnerndes Gebilde, das in seiner Aktivgröße auf mehrere Meter Durchmesser anschwoll und ein eigenständiges Miniaturuniversum formte.

Den Trerok vorliegenden Berichten zufolge war in den Äona-Ruinen von Impos ebenfalls eine solche Silberkugel gefunden worden; sonderbar matt und offenbar beschädigt. Das fremdartige Material hatte seinerzeit weder durchleuchtet noch geöffnet werden können. Vergleichbare Objekte hatte Atlan in seiner Jugendzeit bereits im »Ring des Schreckens« des Dreißigplanetenwalls beobachtet. Auch die Erranten in der Kosmischen Fabrik MATERIA hatten sie verwendet.

Der von den beiden Wissenschaftlern untersuchte Hohlraum unterhalb des ersten Oldtimer-Saals wies eine quadratische Grundfläche von rund 12.000 Metern Kantenlänge und eine lichte Höhe von annähernd 1800 auf. Abwechselnd chromblitzende und mattschwarze Kugeln von exakt 1624,77 Metern Durchmesser schwebten in Siebenerreihen angeordnet. Insgesamt waren es 49 dieser Gebilde, jeweils 87,5 Meter voneinander, vom Boden sowie der Decke entfernt, die als Ganzes einen blendfreien Beleuchtungskörper darstellte.

Genau wie in der Maschinenhalle war auch hier das gleichförmige Summen zu hören gewesen. Leider konnten Trerok und Aktakul bei ihrer Inspektion »an Bord« der Silberkugel nicht herausfinden, was es mit den Kugeln auf sich hatte, ja nicht einmal sagen, ob sie »nur« Aggregate oder Raumschiffe oder was auch immer waren. Fest stand am Ende, dass sie offensichtlich stabile Materieprojektionen waren – in sich geschlossen, von fugenlos-perfekter geometrischer Form, nicht zu durchleuchten oder zu öffnen und nicht einmal von der Silberkugel passierbar.

Damit nicht genug: Als Trerok am 10. Mai 1312 NGZ abermals nach Hayok flog, um auf Anweisung der Mascantin Aktakul Bericht zu erstatten, hatte er die Gelegenheit nutzen wollen, um die Silberkugel »aufzuladen«. Er musste allerdings feststellen, dass sich die Situation grundlegend verändert hatte.

Der lemurische Teil der Station hatte den Kontakt zum querionischen verloren und reagierte weder auf seinen Maranothar-Status noch auf die Impulse der Mikromodule. Mehr noch: Die aufgestellten Messgeräte lieferten eindeutig die Bestätigung, dass die querionischen Aggregate zu einer rätselhaften Aktivität heraufgefahren wurden!

Ein weiteres Rätsel, da die Querionen seinerzeit schon mit Hayok einen Planeten künstlich platziert und hier ihre Station einrichtet hatten. Hinzu kam, dass die »Herkunft« der insgesamt 128 Sonnen des Sternenarchipels, die isoliert rund 2140 Lichtjahre oberhalb der Milchstraßenhauptebene in einem Quader von vierzehn mal zwölf mal zehn Lichtjahren angeordnet waren, astrophysikalisch nie befriedigend geklärt werden konnte. Fest stand nur, dass die Sterne ein Alter von etwa acht Milliarden Jahren besaßen, während normalerweise offene Sternhaufen dieser Art selten mehr als vier bis fünf Milliarden Jahre alt waren oder gar deutlich jünger.

Querionen, dann Lemurer und die Öffnung des Sternenfensters nach Tradom: Die Einzelereignisse mögen voneinander unabhängig sein, aber irgendwie scheinen sie doch mit den »besonderen Bedingungen« des Sternenarchipels zusammenzuhängen. Es ist davon auszugehen, dass wir nicht zum letzten Mal von den querionischen Anlagen gehört haben, auch wenn Trerok nun seine Mikromodule und die Silberkugel verloren und nur knapp überlebt hat ...

Rainer Castor