Noch lässt sich nicht abschätzen, wie sich das Auftauchen des sogenannten Aktivierungs-Wächters auf die weitere Entwicklung auswirken wird. Fest steht, dass es sich bei Immentri Luz um einen Androiden handelt, der von dem unbekannten Volk der Sphero eingesetzt wurde. Physiognomie und gesamtkörperliche Erscheinung orientieren sich am Vorbild der alten Lemurer und lassen somit keine Rückschlüsse auf die Sphero zu. Der Androide verfügt über erstaunliche Regenerationsfähigkeiten bei Verletzungen und ist offenbar unsterblich. Mit seiner »Hyperfühligkeit« nimmt er fünfdimensionale hyperenergetische Vorgänge und Gegebenheiten wahr – und hat darüber hinaus suggestive Fähigkeiten, die er nicht gewaltsam, sondern »eher milde« einsetzt (wenngleich auch das eine geistige Beeinflussung ist!).
Aus den nur noch fragmentarisch vorhandenen Erinnerungen des Aktivierungswächters geht hervor, dass es seinerzeit unter den ins Nagigal-System geflüchteten Lemurern – aus welchen Gründen auch immer – zu einem Krieg kam, dem zwei der drei Siedlungswelten zum Opfer fielen. Immentri Luz sandte deshalb einen Impuls aus, der die Transmitterverbindung deaktivierte – zumindest jenen Teil, der über die Aggregate der Spektralen Technik unter seiner Kontrolle steht und zu den Sphero führte oder immer noch führt. Denn der Krieg sollte sich »niemals über die Transmitterstrecke bis zu den Sphero ausbreiten«. Sie zu schützen war und ist die Aufgabe des Aktivierungswächters.
Wer oder was diese Sphero waren oder sind, bleibt vorerst ebenso verborgen wie ihre Ziele und die Beziehung, die sie zweifellos zu einem Teil der Lemurer unterhalten haben. Es ist nicht einmal klar, wann genau es zu dem Kontakt kam.
Nach den bisherigen Informationen – die jedoch unter Umständen bis auf Weiteres mit einem Fragezeichen versehen werden müssen – wurde das Nagigal-Trio ab dem Jahr 50.218 vor Christus oder 6182 dT erbaut und wenige Jahre später fertiggestellt. Inwieweit bereits hier eine Verbindung zu den Sphero angesetzt werden kann oder nicht, ist eine der unbeantworteten Fragen. Gleiches betrifft die 50.165 vor Christus (6235 dT) erfolgte Gründung der Geheimorganisation Tortmon-Tenoy-Annorrom. Durchaus möglich, dass einige Lemurer bereits zu diesem frühen Zeitpunkt Kontakt zu den Sphero aufgenommen hatten – immerhin sind die lemurischen Anlagen auf Arkan-Raphan ziemlich eng mit den Aggregaten der Spektralen Technik »verzahnt«.
Der Bau des Tellox-Duos sowie seine Nutzung in den beiden Jahren der »privilegierten Evakuierung« ab 50.003 vor Christus (6397 dT) könnten ebenfalls mit den Sphero zusammenhängen, ohne dass es dafür Beweise gibt. In den Rechnern ETUUM und KHARAG wurden die Daten jedenfalls gelöscht, eine Reaktivierung der Transmitterverbindung zum Nagigal-Trio scheint es in den letzten Kriegsjahren nicht gegeben zu haben. Sofern der von Immentri Luz geschilderte Bruderkrieg in dieser Zeit fiel, wäre das die Erklärung – ungeachtet der Tatsache, dass damit noch nichts über die Beweggründe der Lemurer oder der Sphero ausgesagt ist.
Mit der Stilllegung der Sonnentransmitterfunktion waren die überlebenden Lemurer jedenfalls im Leerraum gefangen: Fernflugtaugliche Raumschiffe gab es keine mehr, und es konnten offenbar auch keine mehr gebaut werden – jedenfalls keine, die die Distanz zur Milchstraße oder nach Andromeda hätten überbrücken können. Die Milchstraße war angesichts des dort tobenden Kriegs gegen die »Schwarzen Bestien« ohnehin kein erstrebenswertes Ziel.
Als einzige Siedlungswelt stand den Flüchtlingen nur Arkan-Raphan zur Verfügung – später kamen die Monde und die Trümmer der beiden vernichteten Planeten hinzu. Ob die Lemurer anfänglich auf eine Geburtenkontrolle achteten, muss ohne weitere Informationen offenbleiben – im Laufe der Jahrzehntausende jedenfalls kam es zu der beachtlichen Übervölkerung: Aktuell liegt sie bei knapp 42 Milliarden (!) – 32,33 Milliarden auf Arkan-Raphan, 8,264 Milliarden auf den vier Monden sowie 1,3 Milliarden auf den 66 Fragmentwelten.
Angesichts der damit verbundenen Bedingungen mag der Plan Atlans und der Mitglieder des KombiTrans-Geschwaders, den Planeten Kharmuu ins Nagigal-System zu versetzen, kaum weniger »wahnwitzig« erscheinen – doch der Erfolg gibt ihnen letztlich recht. Zumindest kurzfristig kann nun etwas »Druck aus dem Kessel« gelassen werden. Inwieweit es langfristig eine Perspektive ist, muss angesichts von TRAITOR und der Negasphäre mit einem Fragezeichen verbunden werden ...
Rainer Castor