PERRY-RHODAN-Kommentar 2396


KLARE WORTE?


Ende Februar 1346 NGZ stellt sich die Lage für Perry Rhodan und die übrigen Verantwortlichen im Solsystem trotz einiger »Nadelsticherfolge« eher deprimierend dar. Fast fünfzehn Jahre nach dem Hyperimpedanz-Schock von 1331 NGZ und zwei Jahre nach dem ersten »offiziellen Auftreten« der Terminalen Kolonne TRAITOR – denen eine unbekannte Zahl von Jahren unentdeckter Anwesenheit von Dunklen Ermittlern und sonstiger Vorauskommandos hinzuzufügen ist – kann vermutlich nicht einmal von einem Silberstreif am Horizont die Rede sein.

Sicher, inzwischen liegen die Basisinformationen über die Kolonne und ihrer Struktur vor. Verbunden damit ist allerdings die Erkenntnis, dass mit militärischen Mitteln ein wirkungsvoller Gegenschlag schwerlich umzusetzen ist, vom einem Sieg ganz zu schweigen. TRAITOR kann keineswegs in das Schema einer »normalen Invasion« eingeordnet werden, ist weder auf pure Eroberung noch auf reine Vernichtung aus, sondern arbeitet für das »höhere Ziel« der in Hangay entstehenden Negasphäre und ihren Schutz durch einen noch zu bauenden Chaotender.

Bislang konnte das Solsystem dem TRAITOR-Zugriff entzogen werden. Der Terranova-Schirm hält, verstärkt von den stetig verbesserten LORETTA-Tendern, vom Nukleus der Monochrom-Mutanten und den Bewohnern des Solsystems selbst. Wie ursprünglich vorgesehen, sind inzwischen insgesamt 4000 TANKSTELLEN mit durchschnittlich 50.000 Globisten zeitgleich aktiv. Kommen die Reserven, Bereitschaft und dergleichen hinzu, handelt es sich um etwa 1,43 Milliarden Globisten – rund zehn Prozent der im Solsystem insgesamt lebenden fünfzehn Milliarden Personen. 4000 TANKSTELLEN bedeuten auch: 4000 Kollektor-Körner und 4000 Salkrit-Resonatoren. Klar ist allerdings auch, dass dieser lokale Erfolg trotz der weiterhin bestehenden Belagerung durch knapp 260.000 Traitanks die Verantwortlichen der Kolonne »eher peripher juckt«, um es einmal flapsig auszudrücken.

Etwas unangenehmer für TRAITOR dürfte da schon sein, dass am 20. Februar 1346 NGZ zum Schutz von Nosmo erstmals die von Dr. Carapol entwickelten Strukturbrenner-Torpedos zum Einsatz gebracht wurden – und zwar erfolgreich, soweit man weiß. Somit gibt es ein Mittel, weitere Kabinett-Bildungen der Terminalen Kolonne zu sabotieren – wenngleich mit der Einschränkung, dass die Planung TRAITORS ohnehin eher in Jahrzehnten und Jahrhunderten rechnet, in dieser Zeit viel passieren kann und es sehr wahrscheinlich ist, dass über kurz oder lang ein geeignetes Gegenmittel wiederum den Strukturbrenner-Torpedos die Wirksamkeit entziehen wird.

Nehmen wir die früheren Aussagen das Nukleus hinzu, soll Rhodans Part die Rettung der Menschheit und des Solsystems sein.

Jonathon in der Charon-Wolke und die dortigen Wissenschaftler sollen dafür sorgen, dass aus sporadischen Nadelstichen gegen die Terminale Kolonne ein echter Kampf mit Chancen wird. Und der Nukleus selbst will dafür sorgen, dass aus einzelnen Erfolgen eine Perspektive entsteht – eine übergeordnete Strategie, die es ermöglicht, gegen die Terminale Kolonne TRAITOR zu bestehen.

So weit, so gut – oder schlecht. Denn der Terranische Resident will aus gutem Grund nicht länger hinnehmen, dass der Nukleus ihn, die Menschheit, vielleicht die ganze Galaxis für seine Zwecke einsetzt, ohne je Auskunft zu geben, welche Dinge aus welchen Gründen zu geschehen haben. Rhodan kennt natürlich die Gegenargumente genau: Der Nukleus darf nicht den Schimmer eines Risikos eingehen, dass eine »höhere Instanz« der Kolonne vorzeitig von den Plänen erfährt, die im Solsystem geschmiedet werden. Immerhin stehen auf der Gegenseite Wesenheiten höherer Ordnung sowie mit KOLTOROC eine noch unbekannte Superintelligenz von beträchtlichem Alter von mindestens 60 Millionen Jahren (PR 2351) – also ein »ziemliches Kaliber«.

Rhodan aber will sich nicht länger »abspeisen« lassen – seien die Argumente noch so zutreffend. Als Terranischer Resident hat er im Interesse der Menschheit zu handeln. Doch dafür kann er nicht garantieren, weil er keine Möglichkeit hat, Inhalte und Folgen seines Tuns einzuschätzen. Deshalb droht er damit, die Zusammenarbeit mit dem Nukleus in Teilen aufzukündigen. Eine ohnehin gefährliche Abhängigkeit – denn was passiert, sollte der Nukleus plötzlich verschwinden? Rhodan will den Nukleus nicht länger über die Handlungen und Planungen der LFT informieren und auch nicht auf »Befehl« oder Empfehlung agieren. Vertrauen oder »distanzierte Partnerschaft«: Das ist in klaren Worten die Wahl, vor die Rhodan den Nukleus stellt – fragt sich allerdings, ob ihm die Antworten gefallen ...

Rainer Castor