Ich möchte nochmal das leidige Thema Transformbomben und ihre Kaliber ansprechen. Holger hat in seinem Beitrag [1] vom 6. 2. 1998 bereits die wichtigsten Punkte angeführt, die Probleme bereiten. Jedoch sind einige seiner Schlußfolgerungen nicht ganz stimmig. Und dann haben wir da noch den Vorschlag von Rainer [2], der nicht ohne Eleganz ist, aber meines Erachtens auch ein paar kleine Webfehler hat.
Holger schlug vor, den Neutronenausschuß mit in die
Rechnung einzubeziehen.
> ... schlage ich vor, den Neutronenauschuß einer
Deuterium-Helium3-Fusion in die Energiebilanz
miteinzubeziehen.
Diesbezüglich stimme ich Holger zu und sein Vorschlag ist zwar
nicht sehr dicht an den naturwissenschaftlichen Realitäten
orientiert, aber in der Tat gibt es auch meines Erachtens nur zwei
Wege, um die dicken Kaliber (mehr als 1000 Gt) als
HHe-Fusionsbomben zu retten.
Zu beiden Vorschlägen hätte ich ein paar Anmerkungen.
Fangen wir mit Holgers Szenario an:
> Bei besagter Fusion ensteht pro Einzelreaktion 3.25
MeV,
> das freiwerdende Neutron hat eine Ruhemasse von 939.5
MeV.
Das ist nur die halbe Wahrheit. In der Tat liegt der Sachverhalt
etwas komplizierter.
Siehe dazu weiter unten.
> können wir die "Energieausbeute" gegenüber
meiner ersten Berechnung um Faktor 290 steigern.
Das können wir beim besten Willen nicht. Der energetische
Unterschied zwischen einer Materie-Antimaterie-Reaktion und einer
thermonuklearen Fusionsreaktion ist ein Faktor von 261. Sprich, bei
einer AM-Reaktion wird aus einem Gramm Materie 261mal soviel
Energie gewonnen wie aus einer Kernfusionsreaktion (Die
Energieausbeute einer thermonuklearen Reaktion ist aber auch etwas
höher als nur etwas über drei MeV pro Reaktion).
Prinzipiell sehe ich jedoch Holgers Vorschlag in die richtige
Richtung gehen und würde vorläufig folgendes Szenario
für eine entsprechende Modifikation vorschlagen.
Voraussetzungen und Abkürzungen:
m = Meter (m2 = Quadradmeter, m3 = Kubikmeter),
kg = Kilogramm,
s = Sekunde,
J = Joule,
eV = Elektronenvolt
p = Proton,
n = Neutron,
T = Tritium,
D = Deuterium,
He oder He-4 = Heliumisotop mit 2 n und 2 p,
He-3 = Heliumisotop mit 1 n und 2 p
M = Mega (10e6),
G = Giga (10e9),
T = Tera (10e12)
SI System (kg, m, s, J) und Verwendung von Elektronenvolt
(eV).
Exponentialdarstellung wie folgt:
1e6 entrspricht einer Million (1000000) 1e-9 entspricht einem
Milliardstel (1/1000000000).
1 eV = 1.602e-19 J (bzw. Ws)
1 kt = 2.62e31 eV
Normale Energieausbeute bei der Fusion von Deuterium: 82.2
kt/kg
Energieausbeute bei der Materie-Antimaterie Annihilation: 21.47
Mt/kg
Avogadro Konstante = 6.022e23 Atome/mol
Masse eines Nukleons (p oder n): 935 MeV bzw. 1.66e-27 kg
Bei einer thermonuklearen Reaktion gibt es vier wichtige Einzelreaktionen:
1) D + T ---> He-4 + n + 17.6 MeV
2) D + D ---> He-3 + n + 3.3 MeV
3) D + D ---> T + p + 4 MeV
4) He-3 + D ---> He-4 + p + 18.3 MeV
Diese Reaktionen laufen gleichzeitig nebeneinander und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit untereinander ab [3]. Aus dem gesamten Energieertrag ergibt sich schließlich eine normale Energieausbeute bei der Deuteriumfusion von 82.2 kt/kg. Eine Berechnung mit den obigen Werten ergibt in der groben Vereinfachung (Gleichung 5) einen etwa doppelt so hohen Wert (ca. 165 kt/kg). Dies läßt sich dadurch erklären, dass noch andere Reaktionen mitlaufen, die zum Teil Energie verbrauchen. Mit dem Wert von 82.2 kt/kg können wir jedoch ohne Bauchschmerzen keine thermonuklearen Bomben im mehrere tausend Gigatonnen TNT Bereich erklären. Unter diesen Voraussetzungen würde ein 6000 Gt Transformgeschoß eine Deuteriummenge von 73020 Tonnen benötigen (siehe Tabelle 1). Das entspräche ungefähr der Masse von drei Korvetten (Kampfversion) [4]! Ich schlage folgende Berechnung vor, die mit deutlich weniger Deuterium auskommt, welches dann in der komprimierten Form (50 t/m3) oder einer möglichen hochkomprimierten Form für Waffen-Deuterium (150 t/m3) nicht mehr exorbitant viel Raum einnimmt.
Von den obigen Formeln ist die erste Reaktion viel schneller als die darauffolgenden Kernreaktionen. Das bedeutet, dass sich ein Gleichgewichtszustand herausbildet, bei denen die langsamen Reaktionen 2 und 3 geschwindigkeitsbestimmend sind. Grob vereinfacht läßt sich folgende Summenreaktion aufstellen:
5) 6 D ---> 2 He-4 + 2 n + 2 p + 43.2 MeV
Die Protonen fallen für weitere Fusionsreaktionen nicht mehr ins Gewicht, da Proton-Proton Reaktionen sehr langsam ablaufen (z.B. in der Sonne) und nur im Bethe-Weizsäcker-Zyklus eine Rolle spielen. Wir nehmen sie aber einfach in die Energiebilanz mit auf und kommen nun zu der Gleichung 6, die naturwissenschaftlich etwas gewagt ist, aber sich im weiteren Verlauf des Text erklärt:
6) 6 D ---> 2 He-4 + 3740 MeV + 43.2 MeV
Auf diesem Wege können wir einem Deuteriumatom eine Energiefreisetzung von ca. 630 MeV zurechnen. Das ist noch hinreichend unterhalb der Materie-Antimaterie-Schranke, aber deutlich besser als eine normale Kernfusion.
Mittels der Avogadro Konstante und dem Atomgewicht von Deuterium (1 g/mol) können wir berechnen, dass ein Kilogramm Deuterium 3e26 Deuteriumatome beinhaltet. Daraus folgt, dass bei der modifizierten Kernfusion von Deuterium mit einer Energiefreisetzung von 7240 kt/kg gerechnet werden kann. In Tabelle 1 sind die entsprechenden Vergleichszahlen aufgeführt und wenn man Holgers Ansatz nimmt, dass der Deuteriumbehälter bei der Bombe etwa das halbe Volumen beansprucht, kann man abschätzen, welche Schiffe welches Kaliber an Bord haben und auch ungefähr, wieviel Schuß sie zur Verfügung haben.
Kaliber in |
Deuterium |
Volumen |
Volumen |
Deuterium f. modifizierte HHe Fusion |
Volumen |
Volumen |
Antimaterie- |
Volumen |
Volumen |
1 kt |
12.16 g |
0.24 cm3 |
0.081 cm3 |
0.138 g |
2.76 mm3 |
0.92 mm3 |
0.0466 g |
0.31 mm3 |
- |
100 kt |
1.22 kg |
24.4 cm3 |
8.1 cm3 |
13.8 g |
0.28 cm3 |
0.092 cm3 |
4.66 g |
0.031 cm3 |
- |
5 Mt |
60.83 kg |
1217 cm3 |
406 cm3 |
691 g |
13.8 cm3 |
4.6 cm3 |
233 g |
1.55 cm3 |
- |
100 Mt |
1217 kg |
0.024 m3 |
8110 cm3 |
13.8 kg |
276 cm3 |
92 cm3 |
4.66 kg |
31 cm3 |
- |
20 Gt |
243 t |
4.86 m3 |
1.62 m3 |
2.76 t |
0.055 m3 |
0.018 m3 |
0.93 t |
6210 cm3 |
- |
500 Gt |
6083 t |
122 m3 |
40.6 m3 |
69.1 t |
1.38 m3 |
0.46 m3 |
23.3 t |
0.155 m3 |
- |
1000 Gt |
12170 t |
243 m3 |
81 m3 |
138 t |
2.76 m3 |
0.92 m3 |
46.6 t |
0.31 m3 |
- |
2000 Gt |
24330 t |
487 m3 |
162 m3 |
276 t |
5.53 m3 |
1.84 m3 |
93.2 t |
0.62 m3 |
- |
4000 Gt |
48662 t |
973 m3 |
324 m3 |
553 t |
11.05 m3 |
3.7 m3 |
186 t |
1.24 m3 |
- |
6000 Gt |
73000 t |
1460 m3 |
487 m3 |
829 t |
16.6 m3 |
5.5 m3 |
280 t |
1.86 m3 |
- |
20 Tt |
243300 t |
4866 m3 |
1622 m3 |
2762 t |
55.3 m3 |
18.4 m3 |
932 t |
6.2 m3 |
- |
50 Tt |
608300 t |
12170 m3 |
4055 m3 |
6906 t |
138.1 m3 |
46.0 m3 |
2328 t |
15.5 m3 |
- |
Rainer als Autor ist natürlich mitverantwortlich für
die dicken Kaliber ("mitgegangen, mitgehangen" ;-)), aber sein
Vorschlag der Materie-Energie Umwandlung bietet einen geschickten
Ausweg aus der Klemme.
> Es wird nicht nur die Wirkung der normalen Fusion
(Massendefekt) freigesetzt, sondern gem. E = m * c e+2 die
KOMPLETTE Masse in Energie umgesetzt bzw. statt Masse "nur"
das Energieäquivalent "rematerialisiert".
Wie man aus Tabelle 1 ersehen kann, würde einem dieses
Vorgehen ebenfalls die riesigen Tonnagen ersparen.
Andererseits halte ich aber die Kritik von Ulrik für
gerechtfertigt [5], auch wenn ich mich nicht seiner
Gigatonnen-Schelte anschließen kann. Die Gigatonnen-Klopfer
sind jetzt schon seit den Meistern der Insel (und kurz vorher) im
Schwang und man kann sie halt nicht wegdiskutieren. Also versuchen
wir sie elegant zu erklären.
Nochmal Rainers Exkurs:
> ...wenn angenommen wird, daß mit der rein
energetischen "Rematerialisierung" eine
"Aufrißerscheinung" verbunden ist, also Kräfte des
Hyperraums selbst den Hauptteil der Explosion übernehmen.....
(daß das mit den bislang vorhandenen Beschreibungen
dann deutlich weniger zu tun hat, ist ein anderes
Thema....).
Genau da sehe ich auch das Problem. Wenn wir die Detonation einer
Transformbombe auf rein hyperenergetische Wechselwirkungen
zurückführen wollen, dann stellt sich IMHO die Frage,
warum man nicht die Abfallentsorgung terranischer Kriegsschiffe
über die Transformkanonen regelt und somit dem Gegner mit den
lästigen Begleiterscheinungen der Zivilisation auf
unerfreulichste Art und Weise zu Leibe rückt.
Zusammenfassend hätten wir also vorerst zwei Möglichkeiten eine thermonukleare Explosion hervorzurufen und damit verbundene Vor- und Nachteile.
Mein Vorschlag, um sich aus diesem Dilemma herauszuwinden,
wäre eine Synthese aus den beiden Möglichkeiten.
Der Energiegehalt der Explosion würde sich dabei auf die
besagten 630 MeV pro Deuteriumatom (Berechnung) beziehen,
aber einer der angesprochenen Nachteile wäre auch damit nicht
aus der Welt geschafft. Wird ein solches "thermonuclear device" als
Gefechtskopf für ein Raumtorpedo verwendet, hat man eine
drastisch reduzierte Sprengkraft.
Die hohe Sprengkraft ergibt sich nur in Verbindung mit der
Transformkanone und dem Abstrahlungs- und
Rematerialisierungsmodus.
Die Abstrahlung der Fusionsbombe durch die Transformkanone erfolgt in der üblichen Weise und in der Tat findet bei der Rematerialisierung die Zündung zur Kernfusion statt. Durch die Wirkung der Transformkanone bzw. des Rematerialisierungsfeldes UND die Explosionswirkung von mindestens einer Gigatonne TNT kommt es zur kurzfristigen Wechselwirkung mit dem Hyperraum. Dabei werden die freien Neutronen und Protonen teilweise in ihre Antiteilchen umgewandelt und es kommt zur Materie-Antimaterie-Reaktion. Die angesprochene Einbeziehung der Ruhemasse der freien Nukleonen in die Energiebilanz läßt sich also hiermit erklären. Eine thermonukleare Bombe für eine Transformkanone wäre in dem Fall eine zweistufige Waffe. Für den Einsatz wären folgende Bedingungen notwendig:
Abschließend sollte man sich auch immer wieder
überlegen, was diese Zahlen eigentlich bedeuten. Rainer hat in
seinem Artikel eine Tabelle beigefügt, aus der hervorgeht, was
thermonukleare Waffen für Feuerbälle und Krater (im
planetaren Einsatz) verursachen. Dem kann ich mich nur
anschließen und bringe zum Abschluß ebenfalls eine
kleine Tabelle, aus der hervorgeht, was für
Verbrennungsschäden ein ungeschützter Mensch in
verschiedenen Entfernungen zu einer Kernexplosion erleidet
(Zur Erinnerung: 20 Megatonnen sind 0.02 Gigatonnen).
20 kt Bombe |
1 Mt Bombe |
20 Mt Bombe |
|
Grad der Verbrennung | Hitzestrahlung pro cm2 Haut Entfernung | Hitzestrahlung pro cm2 Haut Entfernung | Hitzestrahlung pro cm2 Haut Entfernung |
1. Grad |
10.5 J/cm2 4.3 km | 13.4 J/cm2 18 km | 21.0 J/cm2 52 km |
2. Grad |
21.0 J/cm2 3.2 km | 25.1 J/cm2 14.4 km | 35.6 J/cm2 45 km |
3. Grad |
33.5 J/cm2 2.7 km | 42.0 J/cm2 12 km | 44.0 J/cm2 39 km |
Tabelle 2: Wirkung (thermische Strahlung) von Kernexplosionen [3].