Der Dauerausstoß der HHe-Direktstrahlmeiler reichte allerdings nur bis Beschleunigungswerte von etwa 10 km/s2. Für die weitere Beschleunigung bis zum Maximum bedurfte es des intermittierenden Einsatzes von Zusatz-Stützmasse; hierzu wurde, wie schon erwähnt, im allgemeinen Wismut verwendet: Molekular entballtes, in Thermofeldern vorvergastes Wismut gelangte unter hohem Druck in den Impulskonverter, reagierte sofort und verwandelte sich in vollatomares Plasma von hoher Strahldichte [PR 250]. Für die Impulstriebwerke einer Kaulquappe galt als Regel je Pulsstoß gleich 50 g je Triebwerk; Tabelle 1 zeigt die Zunahme der intermittierenden Puls-Frequenz in Abhängigkeit höherer Beschleunigungen.
Insbesondere die Beschleunigungen ab 700 km/s2 galten deshalb lange Zeit als extrem unwirtschaftlich, weil mit zu hohem Verbrauch verbunden - zumal der erzielte Effekt gering war: Eine Beschleunigung auf 99 % der Lichtgeschwindigkeit beanspruchte bei 500 km/s2 10 Minuten, bei 900 km/s2 5,5 Minuten; nur 4,5 Minuten Differenz, an denen sich stets Kontroversen entzündeten: Daß Militärs und praktisch denkende Raumschiffkapitäne anderer Meinung waren als die Ökonomen läßt sich leicht denken: 4,5 Minuten können bei Punktbeschuß bezüglich Leben oder Tod eine maßgebliche Zeitspanne sein... - ausschlaggebend waren deshalb Logistik und Technik: Dem Argument von Versorgungsmeistern und Konstrukteuren, man wisse nicht, wo entsprechend umfangreiche Stützmassentanks unterzubringen seien, mußten die anderen zähneknirschend nachgeben...
Frequenz in Hz | Wismut in g | bis Beschleunigung in km/s2 |
1 | 50 | 100 |
5 | 250 | 200 |
20 | 1000 | 300 |
50 | 2500 | 400 |
100 | 5000 | 500 |
1000 | 50000 | 600 |
kHz | kg | |
5 | 250 | 700 |
20 | 1000 | 800 |
50 | 2500 | 900 |
Tabelle 1
Fest stand, daß in der letzten Kraftfeldstufe des
Impulstriebwerks genau jene Umwandlung des in Kernfusion
befindlichen Plasmas stattfand, als deren Ergebnis die
Korpuskelwelle - der Impulsstrahl - entstand; ein Etwas,
das beträchtliche hyperenergetische Bestandteile
beinhaltete und keinesfalls als normale elektromagnetische
Strahlung nach dem Korpuskel-Welle-Dualismus aufgefaßt werden
durfte.
Das hyperstrukturelle Kraftfeld der letzten Triebwerksstufe, aus
projizierter Hyperenergie bestehend und damit dem Hyperraum eng
verwandt, nutzte demnach die Gesetzmäßigkeiten des
Hyperraums aus. Für das Impulstriebwerk hieß das,
daß sonnenheißes Plasma und Hyperfeld für sich
alleine keine Wirkung hatten. Sobald sie aber beim Kontakt
in Wechselwirkung traten, entstand das, was arkonidische
Hyperphysik eine »labile Energieflußzone« nannte,
so daß als maßgeblicher Anteil des Impulsstrahls
demnach die rasch zu Normalmaterie degenerierende
Hyperenergie angesehen werden mußte! In der Regel
begleiteten im Standarduniversum Gravitationseffekte die
Hyperfelder, aber beim Kontakt mit dem Plasma des Triebwerks,
verbunden mit dem spontanen Energiefluß, ergab sich ein
anderes Phänomen: Der Gravitationseffekt des Hyperfelds wurde
weitgehend kompensiert, und die überfließenden
Quintronen der Hypergravitation (später auch
Hyperbarie genannt) lagerten sich dem
Triebwerk-Impulsstrahl in Form von Massenenergie an. Mit
anderen Worten: Normales Plasma der Triebwerksstützmasse wurde
weiter verdichtet, beschleunigt und erfuhr überdies eine
ungeheuere Massenzunahme - die Korpuskelwelle bzw. der
Impulsstrahl. Die Stützmasse der Triebwerke wirkte beim
Kontakt mit dem Hyperfeld im Prinzip katalytisch: Also wie
jeder Katalysator durch Herabsetzung der
Aktivierungsenergie, so daß der entsprechende Potentialwall
»durchtunnelt« werden konnte und Reaktionen in Gang
kamen bzw. beschleunigt wurden, die normalerweise einer deutlich
höheren Energie bedurft hätten. In Anlehnung an bekanntes
sprach man deshalb vom hyperphysikalischen
Tunneleffekt.
Das arkonidische Strukturfeld des Impulskonverters war - so die abschließende »Erklärung« terranischer Ingenieure - in gewissem Sinne ein vergleichsweise primitiv arbeitender Aufrißgenerator, dessen geringer Wirkungsgrad für höhere Beschleunigungen größere Katalysatormengen benötigte, d.h. für den kontinuierlichen Hyperenergie-Abfluß war zur Stabilisierung des Effekts eine »fettere Mischung«, sprich zusätzliche Stützmasse, erforderlich (um so mehr, je höher die Beschleunigung und je relativistischer die zu erreichende Endgeschwindigkeit). Und die automatisch aus dem Hyperraum abfließenden Energien, zu Masse degeneriert, übernahmen die eigentliche Aufgabe der Schuberzeugung. So war zu erklären, warum die Raumschiffe, trotz geringem Eigenmassenverbrauch und Eigenenergieverlust, dennoch Hunderte und Tausende Male auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und auch wieder abbremsen konnten - die Kräfte des übergeordneten Hyperraums übernahmen diese Aufgabe, und auf der fünfdimensionalen Ebene hatten Einsteins Formeln noch nie einen Einfluß!
Erst weitere Entdeckungen, vor allem der theoretischen
Hyperphysik, bescherten ganz unerwartet eine detailliertere
Erklärung der ursprünglichen Frage: Vor allem Prof. Dr.
Arno Kalup mußte sich - parallel zur
Halbraumforschung - mit Impulstriebwerken auseinander
setzen, weil deren exakte Funktionsweise in enger Wechselwirkung
mit dem Halbraumfeld stand und die dynamische Komponente
des Lineartriebwerks darstellte. Wichtiger Schritt zum
besseren Verständnis war Kalups im Jahr 2090
veröffentlichte These der Paralleluniversen, und auch
die von ihm neu eingeführte und nach ihm benannte Einheit, das
Kalup, erwies sich als überaus hilfreich, brachte sie
doch langfristig eine Verbesserung der Leistungsparameter mit sich.
Aufgrund der Parallelwelten-Struktur ließen sich Teilkontinua
des Hyperraums, im Vergleich zum Standarduniversum, als energetisch
höherwertig auffassen. Aus hyperthermodynamischen Gesetzen
ergab sich, daß in höherenergetischen Kontinua die
Entropie geringer war. Da alles im Kosmos das Bestreben hatte,
größtmögliche Entropie zu erlangen, fand ein
automatischer Fluß statt, sobald zwischen zwei
direkt verbundenen Kontinua ein entropischer
Potentialunterschied bestand [vgl. PRC 1034 im Zusammenhang
mit Hyperkon-Zapfung und Hypertrop].
Kalup konnte aber noch mehr aufzeigen: Während in sich
geschlossene Strukturfelder ihren Inhalt zum Bestandteil des
Hyperraums machten (wegen der damit verbundenen Transition auch
kurz »Transitionsfelder« genannt), erstellten die
unvollständig geschlossenen Hyper (Struktur-)Felder
eine »Verbindung« zum Hyperraum, wobei sich dieser
»Aufriß« bzw. »Strukturriß« in
Abhängigkeit von der Geometrie der projizierten
Feldenklave einerseits, der entsprechenden Feinjustierung
andererseits sowie hinsichtlich des quantitativen Aufwands
in unterschiedlichen Phänomenen äußerte.
Am bekanntesten war die bei den »Andruckabsorbern« zum Einsatz kommende Semi-Manifestation bzw. Semi-Transition, bei der sich das Objekt selbst einhüllte und Außeneinflüsse quasi auf mehr oder weniger große Distanz »verdrängte« (als Extrem mußte von lim. - ¥ ausgegangen werden) und nicht wirksam werden ließ. Auf das Standarduniversum bezogen hieß daß, daß meist schon die »Verdrängung« auf die »relative Distanz« von einigen Lichtstunden ausreichte, um eine sofortige Wirkung zu unterbinden, weil gem. Einstein sich kein Einfluß mit mehr als Lichtgeschwindigkeit ausbreiten konnte: Wenn es Stunden dauerte, bis eine Kraft überhaupt am Ort der Wirkung »ankam«, war sie als Wechselwirkungsgröße insofern unbedeutend, weil das Objekt dann längst nicht mehr an diesem Ort ist. Umgekehrt konnten von außen angelegte Strukturfelder »exotische Enklaven« erstellen, die beispielsweise als »Preßfeld« (s.o.) und ähnliche Effekte Verwendung fanden. Somit mußte auch für die Strukturfelder der Impulskonverter der Faktor Kappa maßgeblich sein, über den die Feinjustierung exakt zu bestimmen und zu stabilisieren war (etwas, das den Arkoniden unbekannt blieb bzw. technisch nicht ausreichend beherrscht wurde, weil es im Grenzbereich zu rasch zur Transition, sprich vollständigen Entmaterialisation kam): Werte mit 0,99-Periode (= Hyperfrequenzen von 999,99-Periode Millikalup), auf mindestens zehn Stellen hinter dem Komma genau, hatten eine Manifestation von M < 0,000045 zur Folge, entsprechend einem hohen Annäherungsgrad an den Grenzwert 1, der für Entmaterialisation stand. Umgekehrt formuliert: Die entsprechende Enklave war kaum noch dem Standarduniversum zuzurechnen.
Der zweite, mit Kalups Forschungen verbundene und kaum unwichtigere Effekt war, daß beim Halbraumflug trotz hoher Stützmassenwerte das Plasma mit geringerem Energieaufwand beherrschbar blieb und somit Strahlgeschwindigkeiten ermöglicht wurden, die sich auf die erreichbaren Überlichtfaktoren der Lineartriebwerke niederschlugen. Überliefert ist diesbezüglich eine Auseinandersetzung beim Testflug des 200-Meter-Kreuzers FANTASY im Frühjahr 2102 zwischen Arno Kalup und dem Chefingenieur des Raumers, Captain Ing. Slide Nacro. Kalup verlangte beim Halbraumflug den Versuch mit 32 Tonnen Wismut pro Triebwerkseinheit und pro Sekunde, woraufhin Nacro den Hyperphysiker für übergeschnappt erklärte. Wir zitieren aus der Bordaufzeichnung [PR 100]:
Nacro: »...Ich brauche jedes Kilowatt für Ihren
Kompensator. Die Leistung der Notstromstationen ist nicht
ausreichend zum Aufbau eines Mantelfeldes in der erforderlichen
Stärke.«
Kalup, außer sich vor Zorn: »Das Plasma ist
beherrschbar!«
Nacro: »Mit wenigstens drei Hauptkraftwerken -
ja!«
Kalup, wild schreiend: »Mit zwei Notstromstationen, Sie
halbe Portion. Was denken Sie wohl, welchen physikalischen Gesetzen
wir zur Zeit unterliegen?«
Der Versuch zeigte dann, daß die Triebwerks- und Düsenfelder hielten, obwohl sie zu wenig Strom bekamen. Im Normalraum wäre die FANTASY explodiert, unter dem Einfluß des Kalupschen Kompensationsfeldes dagegen waren die restlichen Feldeinflüsse des 4D-Raumes wenigstens teilweise durch rein mechanische Kräfte zu überwinden [PR 100].
In der Praxis erwies sich Kalups Beitrag als ungemein wertvoll,
konnten doch die maßgeblichen Parameter der terranischen
Impulstriebwerke recht bald deutlich verbessert werden: Bei
geringerem Stützmassenverbrauch ließen sich höhere
Beschleunigungswerte erzielen. Tabelle 2 zeigt - im Vergleich zu
Tabelle 1 - die Werte auf, wie sie für eine Korvette
des Baujahres 3435 maßgeblich waren.
Frequenz in Hz | Wismut in g | bis Beschleunigung in km/s2 |
1 | 10 | 100 |
5 | 50 | 200 |
20 | 200 | 300 |
50 | 500 | 400 |
100 | 1000 | 500 |
1000 | 10000 | 600 |
kHz | kg | |
5 | 50 | 700 |
20 | 200 | 800 |
50 | 500 | 900 |
Tabelle 2
Die durch Kalups Halbraumforschung gemachten Entdeckungen
bescherten Terra nicht nur das Lineartriebwerk, sondern auch
verbesserte Impulstriebwerke, die dann für lange Zeit als das
optimal mögliche an technischer Realisierung angesehen
wurden.
Erst die aus den Impulstriebwerken entwickelten
Protonenstrom-Triebwerke brachten wiederum eine
Verbesserung; zwar beruhten sie auf dem gleichen Prinzip, nur kam
hier NUGAS als Stützmasse zur Anwendung, so daß die
HHe-Direktstrahlmeiler überflüssig wurden. Gleichzeitig
war eine bessere Feinjustierung (bis zur 50. Stelle hinter dem
Komma!) der Impulskonverter-Strukturfelder möglich, die vor
allem Einfluß auf Stützmassenverbrauch und
Energieaufwand zur Erstellung der Felder hatte.
Weil die technologischen Möglichkeiten damit an die Grenze gestoßen waren, mußte auf neue Prinzipien ausgewichen werden, und somit war die Konstruktion des Metagrav-Triebwerks für die Sublicht-Flugphase letztlich dennoch »nur« eine konsequente Weiterentwicklung der Impulstriebwerke: Fortan fiel die katalytisch wirksame Stützmasse vollständig fort und man nutzte die hyperenergetischen Kräfte direkt in Form des virtuellen G- bzw. Hamiller-Punktes aus.