Geoffry Abel Waringer, Prof. Dr. sc. hyp. (scientiae hyperphysicorum), anfänglich verkannt und ausgelacht, wurde in seiner wissenschaftlichen Arbeit vor allem geprägt durch die erstmalige Konfrontation der terranischen Hyperphysik mit der Paratron-Technologie im Dolan-/ULEB-Krieg.
Angaben zum Lebenslauf: * 18.7.2403 auf Plophos (terranische Eltern erst 2402 dorthin ausgewandert), Grundstudium an der Universität New Taylor, Promotion an der Terrania Academy 2428; fällt wegen einiger gewagter Theorien auf und »flieht« Mitte 2429, weil ausgelacht, von der Erde, statt einen Gastvortrag an der Raumakademie Terrania zu halten [PR 333, PR-TB 88, SOL 3: ABSCHIED]; folgt dem Angebot seiner Verlobten, Suzan Betty Rhodan, und errichtet mit ihrer Hilfe auf Last Hope ein Forschungszentrum; gegen den Willen Perry Rhodans Heirat am 5.12.2430; bis 2436 vor allem Geheimforschung auf Last Hope (u.a. für Roi Danton alias Michael Rhodan) und Ausarbeitung etlicher Essays (nathan-examine-Veröffentlichungen unter dem Pseudonym Schneider); 2438 erhält er den Zellaktivator der ermordeten Laury Marten, wird 2440 nach Kalups »Tod« Erster Wissenschaftssenator des Solaren Imperiums; Hauptentwicklungen/-forschungen unter seiner Leitung in den folgenden Jahrhunderten: verbesserter Kalup-Konverter (Waring-Konverter), Schwarzschild-Reaktor, Paratrontechnologie (Paratronfeld, Dimetranstriebwerk, ATG-Feld), später Nullzeitdeformator (erster Sextagonium-Einsatz) und Dimesextatriebwerk [PR 400 ff]; Hanse-Sprecher und wissenschaftlicher Chef der Kosmischen Hanse. † 11.5.1143 NGZ auf Satrang wegen Diebstahls des Zellaktivators [PR 1407].
Ohne auf die Einzelheiten einzugehen (sie sind Teil anderer Abschnitte dieses Manuals), sei an dieser Stelle nur auf die mit »Paratron« verbundene Verknüpfung hinsichtlich paralleler Universen hingewiesen (Stichworte: Flug der CREST IV nach M 87 sowie Para-Arsenale der Zweitkonditionierten). Beim Paratron handelte es sich um einen »Dimensionstransmitter«, der in dreifacher Weise zu Einsatz kommen konnte [PR 323, 327, 333]:
als Waffe zur Erzeugung eines Strukturrisses (vergleichbar dem Aufriß bei einer Gravitationsbombe bzw. dem Entstofflichungsfeld einer Konverterkanone, allerdings durch Einsatz von deutlich mehr Energie),
als Schutzfeld innerhalb des Standarduniversums (strukturell dem aus dem Halbraumfeld entwickelten HÜ-Schirm gleich, aber mit Hyperfrequenzen erzeugt, die etwa um den Faktor 109höher liegen),
als Feldblase eines Paratron-Konverters (eine dem Halbraumfeld vergleichbare, wenn auch höherenergetischere Version, die als »Dimetranstriebwerk« einerseits den Flug von Galaxis zu Galaxis ermöglichte, andererseits - bei ausreichender Energiezufuhr - den stationären Hyperraumaufenhalt gestattete [PR 334]); hierbei zeigte sich der Hyperraum als »rotleuchtende Emulsion, in der quallenartige Gewebe schwammen«, die auch Ähnlichkeit mit »Riesenmolekülen« besaßen; jedes davon als Einzeluniversum gedeutet und in dieser Form auch vom Zweitkonditionierten Tro Khon bestätigt).
Besonders letzteres bestärkte Waringer darin, daß Kalups Überlegungen grundsätzlich richtig sein mußten. Leider fehlte beiden das notwendige Instrumentarium - theoretischer wie auch praktischer Natur -, um die Theorie der Parallelwelten besser darzustellen bzw. auszubauen, so daß über sie ein tieferes Verständnis des Hyperraums möglich gewesen wäre.
Festgehalten werden mußte allerdings - vor allem mit Blick auf die späteren Forschungen und Ergebnisse von Payne Hamiller -, daß von Waringer einige durchaus als bahnbrechend zu bezeichnende Veröffentlichungen stammten, die allerdings unter dem Pseudonym Schneider Eingang in die wissenschaftliche Literatur fanden. Die Begründung für Waringers Vorgehen war ebenso einfach wie verständlich: Er selbst war Ende der 20er/zu Beginn der 30er Jahre des 25. Jahrhunderts vom wissenschaftlichen Establishment weder in Person noch Reputation anerkannt - im Gegenteil! -, so daß ein Einreichen und Prüfen von Arbeiten über die lunare Hyperinpotronik NATHAN ein unverfängliches examine-Siegel bescherte. Daß die Wahl des Namens Schneider mit Blick auf das Grimm-Märchen vom »Tapferen Schneiderlein« erfolgte, war später eine vielkolportierte Anekdote, wurde allerdings von Waringer niemals bestätigt oder überhaupt kommentiert. Tatsache war jedoch, daß schon nach der Veröffentlichung des ersten Beitrags am 18.7.2432 unter den Wissenschaftlern eine rege Diskussion begann, wie die Regeln der Schneider'schen Mechanik auszulegen seien, die sich vor allem mit höchstfrequenten, mehr oder minder »psionischen« Bereichen des hyperenergetischen Spektrums befaßte. Solche Signale ...gehorchten den Regeln der Schneider'schen Mechanik, wie die Gesamtheit der Phänomene des fünf-plus-dimensionalen Universums nach dem Theoretiker benannt wurde, der vor kurzem [d.h. vor 2436 A.D.] erste, tastende Versuche unternommen hatte, sie formelmäßig zu erfassen... Die fünfdimensionale Ausstrahlung von Hypersendern unterlag einer Beschränkung hinsichtlich der Reichweite... Schneider'sche Strahlung war solchen Einschränkungen wahrscheinlich nicht unterworfen... [PR 368]. Wie zwischenzeitlich bekannt wurde, stieg die Reichweite hyperenergetischer Strahlung, die über weite Strecken des Spektrums konstant war, in der Tat von 1014 Hef und oberhalb dramatisch an; begründet wurde dies mit einer Veränderung des Phänomens, das Hyperphysiker »Wellenwiderstand des Hypervakuums« nannten und ggf. eine Funktion der Hyperfrequenz war [PR 1464, 1479]. Ein zweiter Beitrag der Schneider'schen Mechanik war die sogenannte Dimensionsgitterkonstante [PR 368], von der Payne Hammiler später die Strangeness ableitete.
Trotz dieser Erfolge konnte von einem Durchbruch nicht gesprochen werden. Daran änderten auch nichts die später durch die Cappins vermittelten Erkenntnisse hinsichtlich Dakkarraum und 6D-Phänomenen [PR 422: Der Begriff Dakkar ging auf den Cappin Ascina Dakkar zurück - »ein unglücklich verkrüppelter kleiner Mann mit haarlosem Schädel« -, nach dem Dakkarraum/ Dakkarzone benannt wurde; andere Umschreibungen waren: fünfdimensionaler Überlagerungsraum, Librationsgrenze zwischen der fünften und sechsten Dimension und Hypersexta-Halbspur.].
Waringer, sonst für gewagte Theorien bekannt, vertrat im Gegensatz zu Kalup hinsichtlich der 5D-/6D-Kontroverse den konservativen Standpunkt. Möglicherweise war das ein Grund, weshalb es terranischer Wissenschaft nicht gelang, die cappinsche Dakkartechnologie nachzuvollziehen und zu reproduzieren (vom Dimesextatriebwerk einmal abgesehen; auf die mit ihm verbundenen Problematiken soll an anderer Stelle dieses Manuals eingegangen werden): Man war gefangen in der Theorie der »Dimensionenleiter«, beobachtete Einzelphänomene und konnte sie nicht exakt einordnen, weil der theoretische Überbau fehlte.
Die Situation glich über lange Zeit der der Subnuklearphysiker auf der Erde vor dem Kontakt mit den Arkoniden: Bei Experimenten mußten immer mehr Teilchen dem »Teilchenzoo« hinzugefügt werden, die »Große Vereinheitlichung« dagegen ließ auf sich warten. Oder, um es mit den Worten des Physikers Ernest Rutherford zu sagen: »Wissenschaft ist entweder Physik oder Briefmarkensammeln.« - Gemeint waren die beiden naturwissenschaftlichen Bereiche, von denen einer als Physik sich auf physikalische Gesetze oder Prinzipien gründete, während der zweite die Taxonomie war - basierend auf Dingen, über die man so gut wie nichts wußte, aber aufgrund oberflächlicher Gemeinsamkeiten gelehrte griechische oder lateinische Namen gab.
Einen »Durchbruch« anderer Art gab es nach der Krise um Schwarm und Altmutanten: Nebeneffekt des Projekts ANTINUG vom 20. August 3456 ff. - beeinflußt durch die Auseinandersetzung zwischen ES und ANTI-ES - war die Versetzung der MARCO POLO in eine parallel-universale Bezugsebene, bei der neben verblüffenden Ähnlichkeiten auch gravierende Unterschiede bestanden [PR 600 ff.]. Zitat Professor Geoffry A. Waringer:
Von jeder Person, die wir kennen, schien es auf dieser Bezugsebene ein exaktes Duplikat zu geben - in physikalischer Hinsicht; mental gab es dagegen eine Art Umpolung. Rhodan II beispielsweise war jedenfalls ein ebenso großer Kotzbrocken wie unser Rhodan ein Sympathieträger ist. Inwieweit es sich bei dieser parallelen Bezugsebene um ein von ANTI-ES geschaffenes oder beeinflußtes Szenario handelte, ist eine müßige Frage...
In Erinnerung an Kalups Vorgaben entstand rasch der neue Zweig der Parachron-Physik [PR-TB 134], doch ehe er brauchbare Ergebnisse liefern konnte, folgte die Invasion der Laren; Terra und Luna wurden in den Mahlstrom versetzt, die Milchstraße wurde vom Hetos der Sieben beherrscht - und es gab wichtigere Dinge, als die Weiterentwicklung der theoretischen Hyperphysik. Andererseits brachte die Konfrontation mit dem Hetos auch den Kontakt zu den Keloskern und ihrer 7D-Mathematik, und es betrat ein junger Mann die Bühne, dem es gelang, neue Wege zu beschreiten: Payne Hamiller.
Bevor wir auf ihn und seine Erweiterung des Weltbildes
im Rahmen des »Relationenmodells der Kontinua«
eingehen, soll Prof. Waringer in eigener Person zu Wort kommen; wir
zitieren aus einer Vorlesungsreihe an der Hyperphysikalischen
Fakultät des TIT, gehalten im Wintersemester 3458/59 unter dem
Titel WELTBILDER IN WANDLUNG, in der er u.a. Überlegungen zu
den Aspekten der Parallelwelten und der
Parachron-Physik vorstellte, ohne sie jedoch zu einer
expliziten Theorie zusammengefaßt oder gar formal
durchkalkuliert zu haben:
...gewinnt Aristoteles' alte Erkenntnis, daß das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile, völlig neue Bedeutung: Nicht-lokale und unmittelbare Verbundenheit transzendiert herkömmliche Betrachtungsweisen dergestalt, daß im holistischen Sinne im Teil das Ganze ebenso erhalten ist wie umgekehrt das Teil zumindest potentiell (wenn nicht gar aktual) die »Ausdehnung« des Ganzen umfaßt. Deshalb heißt die Konsequenz: Kein Innen und Außen, kein Subjekt und Objekt, sondern die Ganzheit ist das Maßgebliche.
Ein ganzheitlich-holistisches Modellbildumschreibt eine Verbundenheit von »allem mit allem« höchster Komplexität, die einerseits in jedem noch so kleinen Teilbereich das Ganze enthält, andererseits gleichbedeutend ist mit der potentiell-umfassenden Ausdehnung jedes noch so kleinen Quantums sowie mit der prinzipiellen Unteilbarkeit des Ganzen, das, obwohl unter Umständen in seinen Teilen räumlich und zeitlich oder auch dimensional weit voneinander entfernt, doch verbunden bleibt. Die mathematische Darstellung dieses Sachverhalts führt zu einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit, deren einzelnen »Punkte« ihrerseits als Universen zu interpretieren sind. »Hyperphysikalische Selbstresonanz« der »Einzelpunkte« mit sich selbst trägt dazu bei, ihre Beständigkeit zu erklären, wobei
»zeitliche Selbstresonanz« der Energie (Vorgang,
materieller Zeitaspekt) und
»räumliche Selbstresonanz« der Masse
(Trägheit, materieller Raumaspekt)
von »Objekten« entspricht, deren Grundlage jedoch
das Nicht-Materielleist.
Aus dem Ineinander des holistischen von Kontinuum(Ganzheit) und Diskretum (Begrenzung) folgt, daß Einzelsysteme nicht für sich alleine und außerhalb des Ganzen bestehen, im Ganzen deshalb die Zweckbestimmtheitliegt. Hat es auf einer solch erweiterten Betrachtungsebene noch einen Sinn, von Prozessen, Bewegung und Zeitablauf zu sprechen? Weiten sich vormals getrennte Zeitmodi nicht aus zu einer permanent existenten und umfassenden Gegenwart, einer Omnipräsenzdes Seins im Gegensatz zum konventionellen Werden und Vergehen? Wird der Beobachtermaßgebliche Instanz, gewinnt da nicht ein weiterer Begriff fundamentales Gewicht; die Informationoder allgemeiner das Wissen? Holistisch-ganzheitliches Sein umschreibt ein dimensional nicht eingeschränktes, umfassendes Alles-Jetzt in Gestalt einer höhergeordneten, grundlegenden Symmetrie - letztlich Wissen oder Wissendes Sein. Inbegriffen hierbei ist aufgrund des Ganzheitsbegriffes das über das pure Dasein hinausgehende Sosein, was dann zum sich selbst wissenden Seinführt, dem Bewußten Sein - sprich Bewußtsein!
[Hinweis: In der arkonidischen Dagor-Philosophie wird in diesem Zusammenhang auch vom »Wahren Sein« gesprochen, das im engen Zusammenhang mit einem weiteren Zentralbegriff steht, dem Zhy (»transzendentales Licht« oder »übersinnliches Feuer«). Es gilt als sicher, daß Waringer in seinem Vortrag auf Dagor-Wissen zurückgegriffen hat; Untersuchungen seines Lebenslaufes bestätigten, daß er über den seinerzeitigen Lordadmiral der USO, Atlan, Zugang zu entsprechenden Quellen besaß.]
Mit anderen Worten: Das sich selbst wissende Sein umfaßt das Ganze und gewinnt auf »unterer Ebene« der Teile zur Bewußtwerdung(Erkenntnis) Gestalt in Form von »Körpern«, deren Einschränkung, Endlichkeit und Begrenzung als »Objekte« das Lernen ermöglicht, der erkennende Zugewinn von Wissen auf dem »Weg zurück« zum Ganzen. Diese Emergenz (das Auftauchen nach dem Abstieg) ist das, was ich AUGE ZUM KOSMOS nennen möchte...
Seit 1286 NGZ gab es zwar wiederholt Gerüchte hinsichtlich unerwartet aufgetauchter, recht primitiver Ausdrucke, in denen manche ein letztes hyperphysikalisches Vermächtnis von Geoffry A. Waringer sehen wollen - bekanntlich als Eremit von Satrang 1143 NGZ verstorben -, doch konnte ihre Existenz zunächst offiziell nicht bestätigt werden.
Kurz vor dem TIT-Jahrestag kam das Institut allerdings in den Besitz einer abgespeicherten und sehr fragmentarischen »Version« der Texte und Formelsammlungen: Untersuchung und Auswertung dauern an, dennoch möchten wir die Gelegenheit zu einem kurzen Zitat nutzen, damit sich der Leser selbst ein Bild davon machen kann. Ob die sogenannte »waringer-file« in Zukunft das Verständnis von Hyperraum und Hyperenergie erleichtern wird, sei dahingestellt.
Hinweis: Die Textanalysen sind noch nicht
abgeschlossen, jedoch dürften viele Passagen deutlich
älteren Ursprungs sein, weil ihr Wortlaut sich auch in
Standardwerken der Dagor-Philosophie wiederfindet. Dies
widerspricht zwar nicht einer Autorenschaft Waringers, macht aber
eine eindeutige Zuordnung sehr schwierig. Leider verhindert die
galaktopolitische Lage (Kristallimperium, Camelot usw.), daß
Originalquellen als Vergleich herangezogen oder aber z.B. Atlan
persönlich befragt werden könnten...
AUSZUG:anonymer Text, bezeichnet als
»waringer-file«, Datierung unbekannt
...Muster der Bewußtwerdung sind nur so lange als
Gegenstände wahrzunehmen und zu gebrauchen, wie die
Aufmerksamkeit auf jene Dimensionalität konzentriert ist,
für die sie aufgebaut sind. Ziel ist es, die
Bewußtheitdes Individuums zu steigern; mit der Entfaltung
(bzw. Konzentration) in die materielle Wirklichkeit
verbunden ist jedoch, daß nur beschränkt Erfahrungen
höherer Art bewußt gemacht werden können, weshalb
die eigentliche Natur des Egos darin besteht, die scheinbaren
Grenzen der Individualität einer
Persönlichkeitsgestalt aufrecht zu erhalten... Was mit den
fünf Sinnen eines Individuums als Wirklichkeit
erfahren wird, ist letztlich die Vergegenständlichung der
ursprünglichen Erfahrung des Bewußtseins, die
sich im niederdimensionalen System der Welt manifestiert. Alles
körperlich-materiell Verwirklichte kann deshalb als
»Ausdehnung« von Bewußtsein gekennzeichnet
werden, wobei die individuellen Körper dessen
»Projektionen« sind.
Die subjektive Realität eines einzigen WESENS, für sich allein genommen, reicht deshalb aus, ein Universum für sich zu formen...
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